Nicht mehr die Kaiser, aber immer noch die Könige

(FIFA.com). Während Brasiliens Seleção bei 18 FIFA Fussball-Weltmeisterschaften bislang fünf Mal die begehrteste Trophäe im Weltfussball holte, erwies sich das brasilianische Beach-Soccer-Nationalteam mit drei WM-Titeln bei vier Turnierauflagen sogar als noch effizienter. Zwar präsentierten sich die Brasilianer im Sand des Prado-Stadions, das in den vergangenen zehn Tagen Schauplatz der FIFA Beach-Soccer-Weltmeisterschaft war, nicht ganz so überlegen wie in den Vorjahren. Ihre Chance, erneut Geschichte zu schreiben, ließen sie sich aber dennoch nicht entgehen.

"Dieser Abend hat uns allen eine Riesenfreude beschert", gestand Brasiliens Coach Alexandre Soares. "Allerdings müssen wir möglichst schnell wieder zum Tagesgeschäft übergehen und weiter hart an uns arbeiten. Unsere Gegner haben sich derart verbessert, dass es immer schwieriger wird, diese Trophäe zu verteidigen." Will heißen, dass die Brasilianer dieses Mal ganz schöne Mühe hatten.

Trotzdem hatte die Seleção auch in den Partien vor dem Finale, in dem die Italiener in der Schlussphase drei Tore schossen und damit auf 3:5 verkürzen konnten, den Zuschauern von Marseille 2008 (insgesamt wurden rund 180.000 Zuschauer gezählt) begeisternde Auftritte geboten. Eine völlig neue Qualität dabei war, dass die Mannschaft nicht nur von ein oder zwei Topstars zehrte. Im Gegenteil: Neben Benjamin, Buru und Bruno wussten auch Daniel, Sidney und Andre zu überzeugen.

Von einer riesigen Auswahl an Einwechselspielern profitierte auch das italienische Team. Ohne wirklichen Star in ihren Reihen, dafür aber mit einem vorbildlichen Teamgeist ausgestattet, haben die Schützlinge von Trainer Giancarlo Magrini in diesen Tagen ein neues Kapitel in der Beach-Soccer-Geschichte aufgeschlagen. Und das nicht nur, weil sie zum ersten Mal überhaupt über die Gruppenphase eines FIFA WM-Turniers hinauskamen, sondern vor allem deshalb, weil sie am Ende sogar Platz zwei belegten.

Amarelle, der Star aller Stars
Mit solch talentierten Spielern wie Massimiliano Esposito, Giuseppe Soria oder Stefano Spada, die an der Seite der Routiniers Roberto Pasquali und Simone Feudi für Furore sorgten, brauchen sich die Italiener über ihre Zukunft sicher keine Sorgen zu machen.

Und auch die Portugiesen, die im Spiel um Platz drei gegen Spanien erfolgreich waren, haben insgesamt ein herausragendes Turnier gespielt und hätten daher durchaus eine noch bessere Platzierung verdient gehabt. "In technischer Hinsicht waren wir dieses Mal wesentlich besser als bei den früheren WM-Turnieren", so Portugals Trainer Zé Miguel. "Ich bin sicher, dass wir diesen Titel schon sehr bald gewinnen können."

Wenn Madjer so weiterspielt wie bei diesem Turnier - der portugiesische Superstar wurde bei der vierten Auflage bereits zum dritten Mal mit dem Goldenen Schuh von adidas geehrt - besteht daran auch nicht der geringste Zweifel. Dies umso mehr, da die Portugiesen mit Belchior (erhielt den Bronzenen Schuh von adidas) neuerdings über einen weiteren Topstar verfügen.

Dagegen dürften die Spanier trotz der doppelten Auszeichnung ihres Topstars Amarelle - Goldener Ball und Silberner Schuh von adidas - eher tief enttäuscht sein, zumal sie im Halbfinale, in dem sie den Sieg schon vor Augen hatten, im anschließenden Neunmeterschießen doch noch unterlagen. "Ich wusste, dass meine Mannschaft in der Lage war, etwas Großes zu leisten", versicherte uns Spaniens Trainer Joaquín Alonso. "Jetzt hoffe ich, dass wir bis nächstes Jahr zwei bis drei Topspieler im Team haben werden, die Amarelle etwas entlasten können. Dann werden wir weitaus stärker sein als wir es im Moment noch sind."

Niveau höher als je zuvor
Allgemein betrachtet setzte sich in Marseille fort, was eigentlich seit 2005 Jahr für Jahr zu beobachten war: Das Niveau steigerte sich. Bester Beleg dafür sind die Schwierigkeiten, die Brasilien auf seinem Weg zum Titel hatte. Neben den im Endspiel gleichwertigen Italienern und den im Halbfinale unglücklichen Portugiesen hätten auch schon die Russen im Viertelfinale den späteren Titelträger stoppen können.

Dank der Routine von Nikolai Pisarev haben die Osteuropäer nämlich in diesem Jahr in der Offensive mächtig zugelegt, zumal Pisarev in Egor Shaykov einen eiskalten Abnehmer für seine Vorlagen hatte. Da die Russen gleichzeitig defensiv weiterhin solide standen und robust zur Sache gingen, mag es manch einen überraschen, dass die Mannschaft trotzdem mit dem Fairplay-Preis der FIFA ausgezeichnet wurde.

Hart aber immer fair - das gilt auch für Argentinien. Die Albicelestes, bis dato eher für taktisch geprägtes Sandschach bekannt, haben in Federico Hilaire und Facundo Minici scheinbar endlich zwei verlässliche Torgaranten gefunden.

Genau die haben indes der französischen Mannschaft gefehlt. Sie war viel zu abhängig von den Leistungen von Jérémy Basquaise und Didier Samoun. Überhaupt müssen sich die Mannen von Eric Cantona wohl das Urteil gefallen lassen, dass zur Krone noch die Klasse fehlt. Zum Glück aber verheißen Talente wie David Martinon, Steeven Octavia und vor allem Romain Tossem eine rosige Zukunft.

Kraftlose Celeste
Ob man das auch von Uruguay behaupten darf, ist indes fraglich. Nach einem Endspiel und einem dritten Platz langte es diesmal nur zum Viertelfinale. Zwar suchen Ricar, Parrillo und Pampero immer noch ihresgleichen, aber bisweilen scheint ihnen auch schon mal die Puste auszugehen.

Trotzdem kann sich dieses Trio damit brüsten, eine Vorrunde überstanden zu haben, die zu überstehen Senegal scheinbar mehr verdient hätte als jede andere Mannschaft in Gruppe A. Denn angeführt von einem überragenden Al Seyni Ndiaye im Tor brachten die Löwen von Teranga viel frischen Wind in den Wettbewerb. Ohne die Niederlage in der Verlängerung gegen Uruguay hätten die Afrikaner zum zweiten Mal in Folge das Viertelfinale erreicht. Pape Koukpaki ist noch immer ein außergewöhnlicher Mittelstürmer, aber wenn er in die Weltspitze will, muss er einfach seine Trefferquote steigern.

Weltspitze im Beach Soccer, das war in jedem Fall der Mexikaner Morgan Plata. Aber der spielt jetzt eben Profifussball in Mexikos erster Liga, was ihm persönlich gut tut, seinen ehemaligen Kollegen aber gar nicht bekommt. Letztes Jahr noch Finalist in Rio de Janeiro, scheiterten die Schützlinge von Ramon Raya in Frankreich schon in der Vorrunde.

Man sieht sich in Dubai
Ein Jahr vor der FIFA Beach-Soccer-Weltmeisterschaft im eigenen Land müssen sich auch die Vereinigten Arabischen Emirate noch steigern, wenn sie sich mit den ganz Großen messen wollen. Das gilt auch für Kamerun, Iran, die Salomon-Inseln und El Salvador.

Von den Toren her war Marseille 2008 die am wenigsten ergiebige FIFA Beach-Soccer-Weltmeisterschaft. Das lag aber vor allem an den ausgezeichneten Torhüterleistungen. Neben dem mit dem Goldenen Handschuh von adidas ausgezeichneten Spanier Roberto Valeiro spielten sich in Südfrankreich auch der Russe Andrey Bukhlitskiy, der Argentinier Marcelo Salgueiro und Luis Rodas aus El Salvador in den Vordergrund.

Es gab also viele Faktoren, die diese erste FIFA Beach-Soccer-Weltmeisterschaft außerhalb Brasiliens zu einem Erfolg gemacht haben. Nach nur vier Jahren zählt die Veranstaltungen damit zu den wichtigsten im internationalen Sportkalender. Da ist es doch richtig schade, dass es ein Jahr dauern wird, ehe wir die Weltbesten ihrer Sportart im Wüstensand von Dubai wieder sehen dürfen.

Teilnehmer
Argentinien, Brasilien, Kamerun, Vereinigte Arabische Emirate, Spanien, Frankreich, Iran, Itailen, Japan, Mexiko, Portugal, Russland, Salomon-Inseln, El Salvador, Senegal, Uruguay

Platzierungen
1 - Brasilien
2 - Italien
3 - Portugal
4 - Spanien

Tore (gesamt)
259 (im Durchschnitt 8,09 Treffer/Spiel)

Beste Torjäger
Madjer (POR), 13
Amarelle (ESP), 11
Belchior (POR), 10